Harnröhrenengen (Urethrastriktur)

Kurz gefasst

Harnröhrenengen werden im Fachbegriff als Harnröhrenstriktur oder auch Urethrastriktur bezeichnet. Harnröhrenengen machen sich durch Beschwerden beim Wasser lösen bemerkbar: häufiges Wasser lösen Tags und Nachts, schmerzhaftes Wasser lösen, abgeschwächter Harnstrahl, nachtröpfeln. Selten kann es sogar zu einer vollständigen Harnsperre (Harnverhalt) kommen.

Harnröhrendarstellung_Urologie_Amriswil

Neben der Einschränkung der Lebensqualität durch das mühsame Wasserlösen führen Harnröhrenengen zu Harnwegsinfekten und auf Dauer durch die schlechte Blasenentleerung zu Schädigungen an der Harnblase bis hin zu schweren Nierenschäden mit Funktionsverlust der Nieren. Daher ist das frühzeitige Erkennen und Behandeln der Harnröhrenenge von grosser Wichtigkeit.

Harnröhrenengen entstehen in den meisten Fällen durch innere Verletzungen an der Harnröhre. Die Ursache sind Unfälle, aber auch Operationen, Kathetereinlagen oder Infektionen. 

Abgeklärt werden Harnröhrenengen durch uns mit Urin- und Blutuntersuchung und einer ausführlichen Befragung. Diese liefert oftmals den entscheidenenden Hinweis auf das Vorliegen einer Enge im Bereich der Harnröhre. Fragebögen zum Wasserlösen helfen hierbei. Mittels Harnstrahlmessung (Fachbegriff: Uroflowmetrie) und Ultraschall wird die Entleerung der Harnblase kontrolliert. Der Ultraschall hilft auch die Harnröhre im Bereich des Penis darzustellen und auf eine Enge zu kontrollieren. Mit der Harnröhren- und Blasenspiegelung (Fachbegriff: Urethrozystoskopie) kann direkt die Enge endoskopisch dargestellt und beurteilt werden. Eine präzise Darstellung von Lage und Verlauf der Enge liefert die Röntgenuntersuchung der Harnröhre (Fachbegriff: retrograde Urethrografie).

Harnröhrendarstellung_Urologie_Amriswil

 

Die Behandlung der Harnröhrenenge richtet sich nach 5 wichtigen Faktoren:

  • Alter des Patienten und Begleiterkrankungen
  • Ursache der Verengung
  • Lage und Länge der Enge
  • Harnröhrenenge erstmals (Erstbefund) oder erneut aufgetreten (Rezidiv)
  • Akutsituation: schwerer Infekt, Harnsperre

Die Behandlungsmöglichkeiten müssen mit Ihnen als Patient gut abgesprochen werden. Es gibt nicht "one size fit all", sondern die Wahl der Methoden muss sich am Einzelfall orientieren. Dazu ist viel Erfahrung und grosse Expertise in der Harnröhrenchirurgie gefragt. Vor allem muss alles mit Bedacht und Sorgfalt geplant werden, denn in der Therapie der Harnröhrenengen kann man auch schnell die Dinge "verschlimmbessern".

In der Akutsituation ist die wichtigste Massnahme dafür zu sorgen, dass der Urin wieder aus der Harnblase abfliessen kann und der Infekt behandelt wird. In der Regel wird hierbei ein Katheter eingelegt, idealerweise ein Bauchdeckenkatheter (Zystofix), um die Harnröhre zu schonen. Der Infekt wird mit hochdosierten Antibiotika behandelt.

Die einfachste Form der Behandlung besonders bei alten und schwerkranken Patienten ist die Einlage eines Katheter und Belassen als Dauerlösung. In diesem Fall sollte ein Bauchdeckenkatheter angewendet werden. Alternativ hierzu besteht auch die Möglichkeit, die Harnröhre aufzudehnen (Fachbegriff: Bougierung) mit speziellen Bougierungskathetern.  Das Dehnen muss in regelmässigen Abständen wiederholt werden, da die Verengung wiederkommt. Ist der Patient geschickt mit der Hand und geistig klar, dann kann auch über einen regelmässigen sterilen Selbstkatheterismus die Harnblase entleert und die Harnröhre "offen" gehalten werden.

 

Alternativ kann zum "offen halten" der Harnröhre auch ein Harnröhrenstent (z.B. Memokath®, Urolume®) eingelegt werden. Dieser stent besteht aus einem feinem Drahtgeflecht, dass im Bereich der Enge aufgespannt wird und die Enge auseinanderdrückt und freihält. Probleme des Harnröhrenstent sind Infektionen, Gewebewucherungen und Steinbildung am Stent. Ausserdem kann der stent verrutschen (Fachbegriff: Dislokation, Migration) und die Harnröhre weiter schädigen. Trotz dieser Nachteile ist der stent bei einigen Patienten eine gute Lösung, zumal der Eingriff schnell und in einer sehr oberflächlichen Narkose möglich ist. Denn auch Katheter oder Bougierungen bereiten auf Dauer Probleme. 

Harnröhrenstent_Urolume_Memokath_Urologie-Amriswil

Für einige Patienten besteht auch die Möglichkeit der endoskopischen Harnröhrenschlitzung, im Fachausdruck als Urethrotomie bezeichnet. Gute Ergebnisse werden bei dem Verfahren nur erzielt, wenn dieser Eingriff erstmals und bei sehr kurzen, anatomisch klaren Harnröhrenstrikturen durchgeführt wird. Der Eingriff bedarf einer Narkose, ist aber schnell und mit einem kurzen Spitalaufenthalt von etwa 2 Tagen und einer kurzen Kathetereinlage verbunden.

Nachteilig ist das grosse Risiko, dass die Harnröhrenenge bei diesem endoskopischen Verfahren wiederkommt, denn die Schlitzung führt oft zu einer erneuten und dann ausgedehnteren Narbenbildung. Auch muss kritisch angemerkt werden, dass das Verfahren sich nachteilig auf nachfolgende Wiederherstellungs-Operationen (Fachbegriff: Rekonstruktive Verfahren) auswirkt.

Aus diesem Grund muss der Einsatz der endoskopischen Schlitzung besonders bei jüngeren und für eine Rekonstruktion geeigneten Patienten sehr kritisch gesehen werden. Wir lehnen dies ab - basierend auf unserer eigenen langjährigen operativen Erfahrung, der international klaren Datenlage und unseren Erfahrungen nach Ausbildung an einem der grössten europäischen Zentren für Harnröhrenchirurgie (Universitätsklinikum Hamburg, Deutschland).

Goldstandard der Therapie der Harnröhrenenge ist die operative Rekonstruktion der Harnröhre, welche in einer offenen Operation erfolgt. Hier besteht die zum einen die Möglichkeit, bei kurzen Harnröhrenengen den betroffenen und verengten Abschnitt herauszutrennen und die Harnröhrenenden wieder zu vereinigen (Fachbegriff: End-zu-End-Anastomose). Eine weitere Möglichkeit bei längeren Harnröhrenengen ist die Harnröhrenplastik mit einem Transplantat. Dabei wird die Harnröhre im Bereich des verengten Harnleiters eröffnet und die Engstelle weit ins gesunde Gewebe gespalten und dann ein Gewebestreifen (Fachbegriff: Patch) zur Erweiterung eingenäht. Weltweit hat sich als ideales Gewebe für diesen Gewebestreifen Mundschleimhaut etabliert. Diese Mundschleimhaut wird im Bereich der Backe entnommen. Der Entnahmebereich dort wird wieder verschlossen und heilt exzellent und sehr schnell ab. Für eine gute Heilung nach der Operation muss der Urin über Katheter (Harnröhren- und Bauchdeckenkatheter) konsequent abgeleitet werden.

Wichtig bei Harnröhrenengen sind regelmässige Nachkontrollen bei uns in der urologischen Praxis, denn es besteht das Risiko dass die Verengung wiederkommt.

 

Harnröhrenengen - Bezeichnung in der Fachsprsche: Urethrastriktur oder Harnröhrenstriktur

Typische Warnzeichen:
- häufiges Wasser lösen tagsüber und nachts
- Pressen beim Wasser lösen
- schwacher Harnstrahl
- Restwassergefühl
- Nachtröpfeln
- häufige oder immer wiederkehrende Harnwegsinfekte

Frühzeitig Erkennen und Behandeln ist wichtig, denn:
Harnröhrenengen können zu Harnblasen- und Nierenschädigung führen!

Ursache für Harnröhrenengen sind.
- Verletzungen, z.B. durch Katheter oder Unfall
- Operationen
- Infekte

Die Abklärung erfolgt durch:
- Anamnese (Befragung) und Fragebögen
- Körperliche Untersuchung
- Ultraschall der Harnwege und der Nieren
- Harnstrahlmessung (Fachbegriff: Uroflowmetrie)
- Harnröhren- und Blasenspiegelung (Fachbegriff: Urethrozystoskopie)
- spezielle Röntgendarstellung der Harnröhre

Harnröhrenengen finden sich deutlich häufiger bei Männern.

Behandlung der Harnröhrenenge richtet sich nach 5 wichtigen Faktoren:
- Alter des Patienten und Begleiterkrankungen
- Ursache der Verengung
- Lage und Länge der Enge
- Harnröhrenenge erstmals (Erstbefund) oder erneut aufgetreten (Rezidiv)
- Akutsituation: schwerer Infekt, Harnsperre

Massnahmen in der Akutsituation:
- Einlage Katheter, idealerweise ein Bauchdeckenkatheter (Zystofix)
- Infektbehandlung mit hochdosierten Antibiotika

Therapieoptionen:
- Katheter (Bauchdeckenkatheter) bleibt als Dauerlösung
- regelmässiges Aufdehnen (Fachbegriff: Bougierung) der Harnröhre
- Bougierung und steriler intermittierender Selbstkatheterismus
- endoskopische Schlitzung der Enge (Fachbegriff: Urethrotomie)
- Harnröhrenstents
- operative Wiederherstellung der Harnröhre (Fachbegriff: Rekonstruktive Harnröhrenchirurgie)

Wichtig sind regelmässige Nachkontrollen, denn Harnröhrenengen kommen gerne wieder (Fachbegriff: Rezidivneigung)